Zoe treibt Kühe: Auf dem Biohof Sonnenstatter in Schliersee begleiten die Gäste das Fleckvieh auf die Weide.

Zack! – Milcheimer einhängen. Husch! – Hühner zusammentreiben. Süß! – Kälbchen streicheln. Wer Zoe im Stall des Biohofs Sonnenstatter beobachtet, könnte meinen, die Neunjährige sei jeden Tag dort. Dabei kommt die Schülerin eigentlichen aus der Nähe von Köln – und verbringt nur die Sommerferien am Schliersee. Dann aber als eine der treuesten Helferinnen im Gästehaus & Biohof Sonnenstatter. Eine von Zoes Lieblingsaufgaben ist es, die Kühe auf die Weide zu treiben. Wir durften sie dabei begleiten.

 

Angst hat Zoe keine. Aber Respekt. Kein Wunder, denn angesichts der massigen Kühe, die da in den Boxen stehen, erscheint die Schülerin noch zierlicher. Als hätte sie nie etwas anderes gemacht, läuft Zoe durch den Kuhstall und unterstützt Martin Hirtreiter. Der Juniorchef des Biohofs Sonnenstatter freut sich, wenn er und sein Vater Kaspar Besuch im Stall bekommen – in der Ferienzeit sind es manchmal bis zu zehn Urlauberkinder. Für viele ist es oft das erste Mal, dass sie so hautnah mit Nutztieren zusammenkommen, dass sie Schweine füttern, Pferde striegeln, Hühnereier im Stroh suchen oder eben die Kühe auf die Weide treiben dürfen.

 

Stallzeit heißt: Alle dürfen mithelfen.

„Wir verstehen uns als Selbstversorger für uns und unsere Gäste. Wir liefern unsere Milch nicht ab, sondern verarbeiten sie hier auf dem Hof“, erzählt Martin Hirtreiter, während er auf dem Melkschemel sitzt und ein typisches Miesbacher Fleckvieh von Hand melkt. „Gerade durch unsere überschaubare Betriebsgröße haben wir die Möglichkeit, mit unseren Gästen Zeit im Stall zu verbringen und ihnen zu zeigen, wie ein moderner Biobetrieb heute arbeitet.“ Täglich ab 17.00 Uhr ist Stallzeit auf dem Biohof Sonnenstatter. Dann können die Gäste mit anpacken, Pferdeboxen ausmisten oder die Kälbchen säugen. Einer der Stammgäste, ein Hamburger Arzt, setzt sich in seinem Urlaub auf dem Bauernhof sogar regelmäßig auf den Melkschemel.

 

Kälbchen säugen – so geht’s!

Apropos Melken: Als alle Kühe ihre Milch abgegeben haben, ist Zoe dran. Fünf Eimer voll mit frischer Kuhmilch stellt Martin Hirtreiter ihr hin. Die Neunjährige weiß genau, was zu tun ist. Die mit einem Sauger ausgestatteten Eimer hängt Zoe an spezielle Vorrichtungen am Kopfende des Kälbchenstalls. Und schon ertönt ein zufriedenes Schmatzen. Die Kälbchen stürzen ihre Milchmahlzeit gierig hinunter. Zoe freut sich und streichelt den Kopf des kleinsten Kalbes. „Ich habe sie Pia genannt“, verrät sie. „Pia ist mein liebstes Kälbchen.“ Ruckzuck ist alle Milch ausgetrunken – und Zoe trägt die Milcheimer zum Wasseranschluss zum Reinigen. „Erst wenn keine Milch mehr mit aus dem Sauger kommt, sind die Eimer richtig sauber“, erklärt sie fachmännisch.

 

 

 

Mit dem Reisigbesen zur Hühnerbox.

Viel Zeit zum Plaudern bleibt aber nicht. Denn schon wartet die nächste Aufgabe auf Zoe: „Treibst du mal die Hühner zusammen, die stehen sonst nur im Weg rum, wenn wir mit den Kühen raus wollen“, bittet Martin Hirtreiter. Das lässt sich Zoe nicht zweimal sagen, sie schnappt sich einen Reisigbesen und dirigiert die Hühner in ihre Box. Während das Federvieh tagsüber frei rumläuft und die Kälbchen in der Nähe des Stalls auf der Weide grasen, dürfen die ausgewachsenen Kühe im Sommer zur Abendzeit und über Nacht ins Grüne. Denn am Tag ist es den Schwergewichten häufig zu heiß – und sie werden von Bremsen zerstochen.

 

Einmal selbst Kühe treiben

„Da wir keine größeren Flächen ums Haus haben, laufen wir mit unseren Kühen immer ein bis zwei Kilometer durch die Ortschaft. Heute gehen wir auf den Ledersberg“, sagt Martin Hirtreiter. „Das ist etwas ganz Besonderes für Familien und Kinder, dass sie Kühe selbstständig begleiten können.“ Wie war das für Zoe, als sie das erste Mal beim Auftrieb auf die Weide dabei war? „Wir haben eine kleine Einweisung bekommen“, erinnert sich Zoe. „Und dann sind wir erst mal vorsichtig mit den anderen mitgegangen, die sich schon besser auskannten.“

 

Grauvieh und Fleckvieh auf den richtigen Weg bringen.

Mittlerweile ist Zoe ein richtiger Profi im Kühe treiben. Sie und ihr Vater Dieter König schnappen sich einen großen Stock. Dann öffnet Martin Hirtreiter die Boxen der Tiere. Die Kühe und ein Stier – Tiroler Grauvieh und Miesbacher Fleckvieh – strömen aus dem Stall. „Eigentlich kennen sie ihren Weg von selbst“, verrät der Juniorchef des Sonnenstatter-Hofs. „Aber manchmal muss man sie ein bisschen anleiten.“ Zoe lacht und sagt: „Die Tiroler sind ein bisschen verrückt.“ Wie zur Bestätigung steigt eine der grauen Kühe in den Buchsbaum auf dem Vorhof der Sonnenstatters. „He, raus da! Wir bekommen Ärger mit der Mama!“, ruft Martin Hirtreiter und bugsiert die Kuh wieder auf den richtigen Weg.

 

 

 

Wenn Kühe naschen wollen …

Über die Hans-Miederer-Straße und die enge Radspielergasse geht es zur Brücke über den Ostergraben. Wie auf Knopfdruck biegen die Kühe danach links ab in die Konrad-Dreher-Straße. Ab und an bleibt eine Kuh zurück, um sich an einer Hecke oder einem Zaun zu wetzen. Dann werden Zoe und ihr Vater aktiv. Mit einem gezielten Klaps kommen die Kühe zurück auf ihre Route. Nur eine mag heute ganz und gar nicht weitergehen. Am Ledersberg hat sie heruntergefallene Mirabellen entdeckt und lässt sich die süßen Früchte von der Straße schmecken. Weitergehen? Nööö! „Schon wieder so ein verrückter Tiroler“, sagt Zoe und seufzt.

 

Kindheitserinnerungen wiederentdeckt

Endlich sind die Kühe auf der Weide angekommen. Auf den letzten Metern zieht es sie in Richtung Grün. Martin Hirtreiter hat schon den Weidezaun geöffnet, die grauen und die braunen Schwergewichte traben zu ihrem Stammplatz für die Nacht. „Ich mag Kühe sehr gerne. Manchmal sind sie sehr stur. Manchmal auch ganz lieb. Aber es macht auf jeden Fall sehr viel Spaß, mit den Kühen zusammen zu sein“, resümiert Zoe. Und ihr Vater ergänzt: „Natur pur erleben – das kenne ich aus meiner eigenen Kindheit. Ich bin auf dem Bauernhof groß geworden und hatte da immer Berührung mit den Tieren. Deshalb ist es auch so schön für mich, zu sehen, dass die Kinder auf dem Sonnenstatter-Hof so viel Spaß haben.“

 

„Wir freuen uns immer, wenn ihr kommt“, sagt Martin Hirtreiter und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Dann sind die Arbeiten im Stall und auf dem Hof gesichert.“ Nur am Morgen, wenn um 6.00 Uhr früh die Kühe wieder von der Weide geholt werden, sind er oder sein Vater Kaspar Hirtreiter allein unterwegs. Nach einem erlebnisreichen Tag auf dem Bauernhof dürfen die Sommergäste ausschlafen.

 

 

Gästehaus & Biohof Sonnenstatter

Kaspar und Therese Hirtreiter
Schießstättstraße 7
83727 Schliersee
Tel.: 08026/200 11
E-Mail: info@biohof-sonnenstatter.de

Web: http://gaestehaus-sonnenstatter.de

 

 

Sandra Leu

Rheinländerin in Oberbayern. Ist der Liebe gefolgt und hat den Schliersee als Herzensort entdeckt. Freie Redakteurin, PR-Frau und Mama von Zweien. Zeigt Unternehmerinnen und Gründerinnen, wie sie mit Storytelling sichtbar werden und ihre besten Kunden anziehen. Ihr Business: Hallo Heldin! Ihre Kreativitätstechnik: die Joggingrunde um den See.