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Dankbar und mit Blumen geschmückt ins Tal | Die Vorbereitungen laufen | Almabtrieb von der Unteren First

Die Almbäuerin Irmi verbringt mit ihrer Familie den zweiten Sommer auf der Unteren First. Auch sie weiß: Ein unfallfreier Sommer auf der Alm in den Bergen ist keine Selbstverständlichkeit. Als Zeichen der Dankbarkeit für einen guten Sommer auf der Alm und dem dazugehörigen Hof unten im Tal schmücken die Almbauern ihre Tiere für den Weg nach Schliersee.

 

 

Während sich die Almabtriebe in manchen Gegenden zu einem Touristenspektakel mit Markt und Dorffest entwickelt haben, erwischt man die kleinen Gruppen bei uns in Schliersee eher zufällig. Fast jede Alm geht an einem anderen Tag und zu einem anderen Zeitpunkt hinunter. Liebe und Arbeit stecken die Almbauern aber genauso viel in die Dekorationen. Der Almabtrieb ist eine sehr alte Tradition in Schliersee, und die ganze Familie hilft mit, alles liebevoll vorzubereiten.

 

Zu Gast auf der Unteren First

Als ich die kleinen Krepp-Blumen in allen Farben und ordentlich sortiert in einem Karton entdecke, frage ich schmunzelnd: „Macht ihr das alles selbst, oder bestellt ihr die Blumen im ‚Almbauern-Großhandel?‘“ Jetzt lacht auch Almbäuerin Irmi. Natürlich werden auch die bunten Krepp-Blumen selbst gemacht. Der Almabtrieb ist ein Drei-Generationen-Projekt. Die Kinder helfen beim Sammeln vom Almenrausch, Irmi bindet den ganzen Tag, und der Opa vom Anderlbauernhof stellt geschickt die Bänder für den Kopfschmuck her und steht mit Rat und Tat zur Seite. Er ist ein echter Profi, wenn es um Almabtrieb geht. Ich kann ihm ansehen, dass es ihm Freude macht, die Tradition weiterzugeben. Auch Markus, Irmis Sohn, hilft mit und lernt dabei, wie man Buschen bindet. Für mich ist es ein entspannter Nachmittag auf der Alm mit Kaffee und einem netten Ratsch. Die Dekorationen rechtzeitig fertig zu bekommen, bedeutet aber tagelange Arbeit für alle anderen und gleichzeitig auch den etwas wehmütigen Abschied von einem schönen Almsommer. Denn jetzt geht es nicht nur für die Kälber zurück ins Tal, auch Irmi und ihre Familie tauchen wieder ein ins „normale Leben“.

 

+ Figuren: Die Figuren haben ein Grundgerüst aus Holz oder Metall. Zur Verwendung kommen dann Almenrausch, Waldrebe und Erika. Als Highlight bindet Irmi ein paar Silberdisteln von der eigenen Almwiese mit ein.

+ Buschen: Die Buschen sind Äste des Wachholders. Zur Verzierung werden bunte Krepp-Blumen eingebunden und außen ein paar Krepp-Bänder befestigt.

+ Fotzenkranz: Die Fotzenkränze werden um den Kopf der Kälber gelegt. Sie sind fast zwei Meter lang und werden aus Almenrausch gebunden.

 

 

Vor ein paar Wochen habe ich den Almabtrieb von der Oberen First als Livestream begleitet. https://www.facebook.com/338250920131/videos/312821326684463 Diese Woche bin ich beim Almabtrieb von der Unteren First auch wieder dabei. Tradition ist uns sehr wichtig in Schliersee, und die Absage fast aller Brauchtumsveranstaltungen fällt uns sehr schwer. Umso schöner ist es, die kleinen traditionellen Höhenpunkten miterleben zu können. Gerne kannst du von überall auf der Welt online und live mit dabei sein. https://www.facebook.com/schliersee

 

 

 

Judith Weber

Heimatverliebt und reiselustig. Ich liebe Schliersee zu jeder Jahreszeit und bin immer auf der Suche nach neuen Blickwinkeln und Inspirationen. Mit einem Auge für das aktuelle Geschehen interessiere ich mich für alles, was in Schliersee los ist.

 

 

 

Leonhardifahrt von Schliersee nach Fischhausen – Impressionen einer Wallfahrt mit Pferdeweihe

Seit dem 11. Jahrhundert wird der hl. Leonhard besonders in den Alpenländern verehrt. Hier gilt er als Helfer in der Not und Schutzpatron für das landwirtschaftliche Vieh und dabei insbesondere für die Pferde.

Die Leonhardifahrt ist eine traditionelle Veranstaltung, welche alljährlich im November zelebriert wird. Der Festzug besteht aus in liebevoller Kleinarbeit mit Almrausch, Erika, Daxen und vielen weiteren Almpflanzen geschmückten Tafelwagen, aufwändig bemalten Truhenwagen und Reitern, deren Rösser, vom Pony bis zum Kaltblüter, mit kunstvollen Bändern und Gebinden verziert sind. Die teilnehmenden Bäuerinnen, Bauern und Vereine feiern die Pferdeweihe im traditionellen Festtagsgewand.

Die Wallfahrt beginnt am Sonntag, 4. November 2018 um 9:00 Uhr in der Ortsmitte von Schliersee und verläuft am See entlang bis zum Wallfahrtskircherl St. Leonhard in Fischhausen. In diesem Jahr werden 56 Gespanne teilnehmen. Nach der ersten Umrundung der Wallfahrtskirche findet eine feierliche Feldmesse unter freiem Himmel statt. Währenddessen können die Zuschauer die Gefährte aus der Nähe bestaunen.

Für die teilnehmenden Frauen, Männer und Kinder ist der Festakt auch ein gemeinschaftliches Ereignis, auf dem man sich austauscht, das von den Frauen mitgebrachte, selbst gebackene Gebäck genießt und das eine oder andere Schnapserl miteinander trinkt. Auch mit in ihrer Tracht hübsch zurechtgemachten Mädels und flirtende junge Männer können beobachtet werden. Nach der Pferdeweihe und dem gemeinsamen Miteinander machen sich die Wagen und Reiter dann wieder auf ihren Weg nach Hause.

 

 

 

Die Bundesstraße 307 ist übrigens am Tag der Leonhardifahrt zwischen Schliersee und Neuhaus von 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr gesperrt.

 

 

Ulrike Mc Carthy

Geborene Münchnerin und seit vielen Jahren begeisterte „Wahl-Schlierseerin“ Personaldiagnostikerin, Trainerin, Seminarleiterin, Hypno- und Gesprächstherapeutin, Hofbetreuerin im altbayerischen Dorf und vor allem Hobby-Fotografin.

 

 

 

Vom Schmücken des Tafelwagens für die Leonhardifahrt

Eine Woche vor der Leonhardifahrt zur Wallfahrtskirche St. Leonhard in Fischhausen schmücken die Schlierseer Schalkfrauen ihren Tafelwagen. Dem Verein der Schlierseer Schalkfrauen gehören zwanzig Frauen an, für welche die Teilnahme an der Leonhardifahrt eine langjährige Tradition ist. Der Schalk ist im Übrigen das Festtagsgewand verheirateter Frauen aus dem bayerischen Oberland. Er wird oft von Müttern an Töchter und Schwiegertöchter vererbt und damit innerhalb der Familie weitergegeben.

Der Tafelwagen stand früher in landwirtschaftlichem Gebrauch. Er gehört seit vielen Jahren den Schlierseer Schalkfrauen und hat seinen Standplatz das ganze Jahr über auf dem Anderl-Bauernhof in Fischhausen. Dort wird er von den Schalkfrauen alljährlich kunstvoll verziert.

Geschmückt werden zwei sogenannte Leitern, welche auf Holzböcken liegen. Des Weiteren gibt es ein Rückteil mit integrierter Türe sowie ein Vorderteil mit Kreuz. Schon Wochen bevor sich die Schalkfrauen treffen, gehen sie auf die Brecherspitz oder den Jägerkamp, um dort den benötigten Almrausch sowie Latschenzweige zu holen. Die Daxen (Fichtenzweige) steuern Sepp und Leonhard Markhauser bei. Die beiden fahren die Schalkfrauen übrigens seit 1974 jedes Jahr – zuerst der Vater und später der Sohn. Zum Schmücken des Wagens werden zusätzlich noch folgende Pflanzen genutzt: Ilex (Stechpalmenblätter), Spindelstrauch, Currykraut, Erika, Isländisch Moos, Judenstrick und Hagebutten. Die Frauen haben sich bereits um 10:00 Uhr auf dem Anderl-Bauernhof getroffen und werden die nächsten acht Stunden mit dem Schmücken beschäftigt sein. Zwischendurch sorgt Agnes mit einer deftigen Linsensuppe und Kaffee mit selbstgebackenem Kuchen für Stärkung.

Die Schalkfrauen sind ein eingeschworenes Team, das wird mir sehr schnell bewusst. Sie arbeiten Hand in Hand. Eine schneidet die schön gewachsenen Spitzen der Daxen ab, die anderen haben sich in kleineren Grüppchen um die Holzgestänge der Leitern und des Vorder- und Rückteils versammelt. Jede macht einen anderen Handgriff: einige reichen zu, andere schnipseln, wieder andere binden die Pflanzen mit Draht oder Schnur am Gestänge fest. Das Isländische Moos muss immer mit Wasser bespritzt und feucht gehalten werden, damit es aufquillt. Die Ilex-Blätter werden mit Reißzwecken befestigt… Dabei werden Witze und Anekdoten erzählt. Und angestoßen wird mit Prosecco.

Ein paar Tage vor der Leonhardifahrt werden die fertig geschmückten Leitern sowie das Vorder- und Rückteil auf der Hinterseite mit rotem Stoff bespannt und dann am Tafelwagen befestigt. Die Frauen besteigen den Wagen kurz vor der Fahrt mit Hilfe einer angelegten Leiter durch die kleine Türe an der Rückseite. Sie sitzen nebeneinander entlang der Seitenwände. Daher finden in diesen Wagen mehr Leute Platz als in einem bemalten Truhenwagen, in welchem die Personen in Fahrtrichtung sitzen. Jede der Schalkfrauen hat selbstgebackene Kekse dabei. Ein Schluck Prosecco hilft gegen die Novemberfrische und Schnaps wird an Freunde und Bekannte ausgeschenkt. So wird es seit jeher gehandhabt.

Wer sich den Schalkfrauen anschließen möchte, sollte traditionsbewusst und einem geselligen Beisammensein nicht abgeneigt sein. Auch der bayerischen Sprache sollte sie mächtig sein. Oft werden freie Plätze auf dem Tafelwagen innerhalb der Familien weitergegeben.

 

Schauen Sie sich den aufwändig geschmückten Wagen der Schalkfrauen genau an. Jeder einzelne Zweig wurde von den fleißigen Damen in die Hand genommen, gedreht und gewendet, um dann liebevoll festgesteckt zu werden. Und das zur Feier eines einzigen Tages: für die Leonhardifahrt von Schliersee am See entlang zum Leonhardikircherl in Fischhausen. Meine Hochachtung und ein großes Lob an die wundervollen Schlierseer Schalkfrauen und auch an alle anderen Teilnehmer des Festzuges.

 

 

 

Ulrike Mc Carthy

Geborene Münchnerin und seit vielen Jahren begeisterte „Wahl-Schlierseerin“ Personaldiagnostikerin, Trainerin, Seminarleiterin, Hypno- und Gesprächstherapeutin, Hofbetreuerin im altbayerischen Dorf und vor allem Hobby-Fotografin.