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Leonhardi – eines der schönsten Feste des Jahres in Schliersee

„Leonhardi ist eines der schönsten Feste des Jahres hier in Schliersee“, sagt Leonhard Markhauser. Eigentlich kein Wunder bei dem Vornamen: „Leonhard“. Tatsächlich ist Hartl mit Leonhardi aufgewachsen, und er war immer schon, auch als Kind, mit dabei. In seiner Familie lebt diese Tradition seit vielen, vielen Generationen. Die Pflege des Brauchtums ist auch Hartl sehr wichtig, und die Traditionen an seine Kinder weiterzugeben steht für ihn im Vordergrund. Natürlich sind seine Kinder genauso beim Leonhardi-Ritt dabei, wie auch sein Vater.

 

 

Heute hat Hartl den Pferden probeweise das Geschirr angelegt. „Die Pferde müssen sich an das Geschirr und auch an das Bimmeln der Glocken gewöhnen“, sagt er. Das Pferdegeschirr stammt aus dem Jahre 1895, dazu besitzt Hartl noch die Urkunde und den Kaufvertrag. Damals hatten seine Vorfahren einen guten Ochsen nach Ungarn verkaufen können, und von diesem Geld haben sie sich dann ein Leonhardi-Festtagsgeschirr geleistet. Das war schon damals etwas ganz Besonderes. Normalerweise haben die Bauern für Leonhardi ihre gebrauchten Alltags-Pferdegeschirre geputzt und hergerichtet. Das Festtagsgeschirr der Familie Markhauser ist eine echte Rarität.

Grundsätzlich wurden die Geschirre aus Leder hergestellt, um es den Pferden so angenehm wie möglich zu machen. Bbeim Festtagsgeschirr findet man neben viel Messing, auch Symbole.

 

Das rote Schweißtuch „Wenn das Pferd geschwitzt hat, wurde es abgerieben, damit es sich nicht erkältete.“

Der Dachs „Das Dachsfell war ein Symbol für gewonnenes Dachsfett, für die Lederpflege und zum Hufe einschmieren.“

Der Pferdekamm „Der Messingkamm wurde zum Frisieren benutzt.“

 

Die drei Symbole gehören unbedingt zu einem Festtagsgeschirr. Das Geschirr setzt sich aus Spitzkummet und Strängen zusammen. Das Kummet muss dem Pferd richtig passen. Es ist gepolstert und darf nirgends drücken oder scheuern. Es verteilt die Zugkraft sinnvoll auf Brustkorb, Schultern und Widerrist (das ist der erhöhte Übergang vom Hals zum Rücken). Dadurch wird die volle Zugkraft des Pferdes nutzbar. Das Hintergeschirr ist heute eigentlich nicht mehr üblich, da die Fahrwege besser sind und die Wägen gute Bremsen haben. Früher, wenn es leicht bergab ging, hat man das Pferd mit den Zügeln zurückgenommen, und das Pferd hat den Wagen praktisch mit dem Hinterteil gebremst. Wenn ihr bei uns am Sonntag zur Leonhardi-Fahrt geht, schaut euch doch die verschiedenen Geschirre einmal an und vergleicht.

Leonhardi ist eine Leidenschaft für Hartl. Ihr findet ihn nicht nur bei der Schlierseer Leonhardifahrt. Er ist auch über die Landkreisgrenzen hinweg unterwegs. Aber am schönsten ist es für ihn natürlich in seiner Heimat Schliersee.

 

 

Nachgefragt: Kann jede Gemeinde eine Leonhardi-Fahrt ausrichten? Nein, eine Gemeinde muss eine Leonhardi-Kirche oder Leonhardi-Kapelle besitzen, um einen Leonhardi-Ritt zu veranstalten.

Leonhardi-Ritt Schliersee am 03. November 2019 ab 9:00 Uhr mit Start am Schlierseer Bahnhof

Bundesstraße B307 im Bereich Schliersee von 8:00 – 13:00 Uhr gesperrt

 

Der Anderlbauer am See

Familie Markhauser

Fischhauser Straße 5

83727 Schliersee

https://www.anderlbauer-am-see.de/

 

 

Judith Weber

Heimatverliebt und reiselustig. Ich liebe Schliersee zu jeder Jahreszeit und bin immer auf der Suche nach neuen Blickwinkeln und Inspirationen. Mit einem Auge für das aktuelle Geschehen interessiere ich mich für alles, was in Schliersee los ist.

 

 

 

Schafschur auf der Unteren Firstalm ‒ und was sonst noch wichtig ist zur Vorbereitung auf das Almleben …

Heute ist Schafschur beim Anderlbauer auf der Unteren Firstalm. Normalerweise werden die Schafe noch im Tal geschoren. Danach lässt man das Fell noch ein paar Tage wachsen, damit die Tiere draußen nicht frieren, und dann geht’s erst los auf die Alm. Dieses Jahr ist es ein bisserl anders, weil der bisherige Schafscherer verhindert ist. Dafür darf sich der eingesprungene Schafscherer freuen: Er hat eine wunderschöne Location zur Schafschur, bei bestem Wetter und mit einem atemberaubenden Blick aus der Höhe auf den Spitzingsee. Und da es außerdem ungewöhnlich warm ist, müssen die Schafe mit ihrem neuen Haarschnitt auch nicht frieren.

Als wir an der Alm ankommen, sind alle bereit, nur etwas fehlt: Der Schafscherer steckt im Stau fest, und die bayerischen weißen Bergschafe sind auf Entdeckungstour irgendwo auf den umliegenden Hängen oder in den Wäldern … Da hilft nur eines: Wir müssen sie suchen. Also machen wir uns auf über die blühende Bergwiese, auf der wir in der Ferne weit oben am Hang ein paar Bergziegen ausmachen können. Aber keine Schafe … Und dann kommt der Hartl, der Bauer vom Anderl-Bauernhof in Fischhausen. Und mit einem Eimer voller „Leckerlis“ für die Schafe und interessanten Lauten gelingt ihm, was uns zu dritt nicht gelungen ist: Die Schafe kommen mit ihren Lämmern im Schweinsgalopp den Hügel hinuntergerast und laufen ihm brav nach in den Stall. Aha, so geht das also!

Inzwischen ist der Schafscherer auf der Alm angekommen und baut seine Gerätschaften auf. Ein interessantes Gestell, das entfernt an einen Galgen erinnert. Du liebe Güte, was kommt da auf die Schafe zu … Aber so schlimm wird es nicht. Die Tiere sind relativ entspannt, und vor allem diejenigen, welche die Prozedur bereits kennen, lassen das Scheren ruhig über sich ergehen. Sie legen den Kopf auf den Boden und lassen sich von dem „Schafeflüsterer“ einlullen. Zweimal im Jahr werden die Bergschafe von ihrem schweren Fell befreit. „Beim Scheren geht es um das saubere Arbeiten am Tier. Das Lanolin (Wollwachs) ist das teuerste Nebenprodukt, welches beim Scheren anfällt: 25 €/kg. Aber das muss man erst mal zusammenbekommen“, erklärt mir der Schafscherer, welcher in seinem Gestell hängt und quasi bäuchlings über dem Schaf schwebt. Er übt diesen Beruf seit inzwischen sechs Jahren aus und hat zusätzlich zu einem Schafschurkurs in Deutschland eine Ausbildung in Neuseeland absolviert. Drei bis vier Kilogramm Fell fallen pro Schaf ab. „Dieses wird mit heißem Wasser gewaschen, über Nacht eingeweicht, ausgezupft und dann noch mal ausgewaschen“, klärt mich der Opa Sepp auf. Danach wird es zur Spinnerei gebracht. Wirklich viel verdienen kann man mit dem Fell nicht, aber ab und zu kommt ein neuer Strickjanker für den Opa dabei heraus.

Das Scheren der Schafe ist noch nicht alles, was zur Vorbereitung auf das sommerliche Almleben getan werden muss:

Grundsätzlich müssen alle Schafe spätestens im Alter von neun Monaten, aber unbedingt vor dem Verlassen des Bestandes, mit einer Ohrmarke gekennzeichnet werden. Dabei geht es darum, beim Auftreten der Maul- und Klauenseuche die betroffenen Tiere ausfindig machen zu können. Auch die Rinder müssen registriert sein. Kälber sind innerhalb von sieben Tagen nach der Geburt mit identischen Ohrmarken in beiden Ohren zu kennzeichnen. Sowohl den Rindern als auch den Schafen werden vor dem Almauftrieb die Klauen geschnitten, damit sie auf den teilweise unwegsamen Berghängen sicher unterwegs sind. Auch an das Entwurmen der Tiere muss gedacht werden, damit sie gesund bleiben.

 

 

Und wie wird man zur Sennerin? „Es ist nicht unbedingt Voraussetzung, dass eine Almerin aus einem Bauernhof heraus stammt“, erläutert mir Hartl. Sie darf keine Scheu vor den Tieren haben und sollte sich für deren Wohlergehen interessieren. Außerdem darf sie keine Angst vor wechselnden Wetterlagen und Gewittern haben. Sie sollte so gut zu Fuß sein, dass sie sich im Berggebiet bewegen kann, um die Tiere zu suchen und bei Bedarf auch Zäune auszubessern. Da die Untere Firstalm vom Anderlbauer nicht bewirtschaftet ist und hier Jungvieh auf die Weide kommt, sind Kenntnisse im Buttern oder Käsen nicht notwendig. „Alles, was man hier wissen und können muss, kann man recht schnell lernen“, sagt der Hartl. „Und was man nicht unterschätzen sollte, ist die Tatsache, dass man am Abend, sobald die Arbeit getan ist, alleine auf der Alm ist. Auch damit sollte man gut zurechtkommen.“

Ich kann mir nichts Aufregenderes und gleichzeitig innere Ruhe Bringendes vorstellen und hoffe, dass ich irgendwann die Möglichkeit habe, das Leben als Almerin selbst zu erleben.

 

 

Anderl-Bauernhof

Familie Markhauser
Fischhauser Straße 5
83727 Schliersee/Oberbayern
Telefon: 0 80 26 / 9 46 64
Telefax: 0 80 26 / 9 46 65
E-Mail: anderlbauer@gmx.de

Internet: http://anderlbauer.schliersee.de/unser_hof/unser_hof.php

 

 

Ulrike Mc Carthy

Geborene Münchnerin und seit vielen Jahren begeisterte „Wahl-Schlierseerin“ Personaldiagnostikerin, Trainerin, Seminarleiterin, Hypno- und Gesprächstherapeutin, Hofbetreuerin im altbayerischen Dorf und vor allem Hobby-Fotografin.