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Florian Bachmeier über Fotografie: „Ein Spiel zwischen Vergänglichkeit und Ewigkeit“

Der Moment, als er seine erste Kamera in den Händen hielt: Daran kann Florian Bachmeier aus Schliersee sich auch heute noch gut erinnern: „Das war eine Kodak mit einen Disc-Film. So eine Kompaktkamera in Schwarz mit einer Oberfläche aus goldenem Metall-Imitat. Meine Eltern hatten die für die Ferien angeschafft“, erinnert er sich. „Ich habe den Film leer geschossen – und dann unheimlich lange gewartet, bis die Bilder aus dem Labor zurückkamen.“

 

 

Heute hat Florian Bachmeier die Passion von einst zum Beruf gemacht: Als Dokumentarfotograf und Fotoreporter bereist er die Welt. Große Medienhäuser wie Der Spiegel, Die Zeit, Geo oder Mare veröffentlichen die Arbeiten des Schlierseers. Zu seinen Kunden zählen Konzerne wie ProSiebenSat.1 und Lufthansa, aber auch Organisationen wie ProAsyl und das Goethe-Institut. Mehrfach wurden seine Bilder als bestes Pressefoto des Jahres in Bayern ausgezeichnet, zuletzt seine Momentaufnahme eines COVID-Patienten aus dem Frühjahr 2020.

 

 

„Es war klar: Das wird mein Medium.“

 

Dass die Kamera einmal sein bestes Ausdrucksmittel werden würde, das bemerkte Florian Bachmeier schon bald nach seinen ersten Urlaubsschnappschüssen. Er studierte Fotografie an der Escuela de Artes y Oficios in Pamplona. Der spanische Fotograf Koldo Chamorro wurde zu einem engen Freund und Mentor in dieser Zeit. Er traf die Magnum-Fotografin Cristina García Rodero und den tschechisch-französischer Fotografen Josef Koudelka. Bekam Inspiration und Anregungen in gemeinsamen Feedback-Runden und bei Fototouren aufs Land, bei denen sie den kulturellen und religiösen Traditionen Spaniens mit der Kamera nachspürten. Florian Bachmeier entwickelte seinen Stil, seine ganz eigene Bildsprache.

 

„Es war klar: Das wird mein Medium“, sagt Florian Bachmeier. „Fotografie ist eine sehr unmittelbare Art ist, sich auszudrücken. Man nimmt einen Augenblick und schneidet ein Fragment davon aus. Das hat etwas Mysteriöses. Ein bisschen früher oder später auf den Auslöser gedrückt, würde das Bild schon wieder ganz anders aussehen. Insofern ist Fotografie ein Spiel zwischen Vergänglichkeit und Ewigkeit.“

 

 

Ein Bild, mehrere Bedeutungsebenen

 

Nach den „Lehrjahren“ in Spanien, so Florian Bachmeier, folgte noch ein Studium der

Neuen und Neuesten Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Denn der

Schlierseer Fotograf möchte mit seinen Bildern tiefer tauchen: „Mein geisteswissenschaftliches Studium hat mir das Handwerkszeug gegeben, um Zusammenhänge zu erkennen“, sagt er. „Ein gutes Bild macht aus, dass es eine Aussage besitzt, die mehr oder weniger komplex sein kann. Dass in dem Bild mehrere Bedeutungsebenen vorhanden sind. Und ein Interpretationsspielraum: Raum für Fantasie und für die Geschichte an sich.“

 

 

Jedes Foto eine menschliche Begegnung

 

Das belegen auch seinen selbst gewählten Sujets und Projekte. Eine der ersten Fotoreportagen veröffentlichte Florian Bachmeier über eine Roma-Familie in Mitrovica im Kosovo: „Die Behörden hatten sie auf einer Blei-Abraumhalde angesiedelt, obwohl man wusste, dass das extrem schädlich ist. Die Familie trank jeden Tag verseuchtes Wasser.“ Seine Bilder zeigen die Menschen würdevoll, in klassischen Porträtposen. Und dennoch ist ersichtlich, dass das Gift Spuren hinterlassen, die Schleimhäute der Menschen schwer geschädigt hat. „Das vergessene Versprechen“ nannte Florian Bachmeier sein Projekt.

 

Dass es besondere Empathie braucht, um Menschen in solch verletzlichen Situationen zu zeigen – das ist dem Schlierseer besonders wichtig: „Jemanden zu fotografieren, ist ein sensibler Akt: Ich begleite die Menschen oft länger, baue Vertrauen auf, bevor ich ein Foto schieße, warte auf ein zustimmendes Nicken“, erzählt er: „Was ein Fotograf nicht sein sollte: zu gierig, zu schnell, zu forsch. Ein ‚geraubtes‘ Bild ist immer problematisch.“ Jedes seiner Fotos steht auch für eine menschliche Begegnung: Florian Bachmeier kennt die Namen der Menschen, die Geschichten, die sie ihm anvertraut haben, auch wenn das schon jahrelang zurückliegt.

 

 

 

Bildband „In Limbo“: Menschen im „Schwebezustand“

 

Einer der wichtigsten Schwerpunkte seiner Arbeit ist heute die Ukraine: Mit dem Bildband „In Limbo“ hat Florian Bachmeier im vergangenen Jahr das lange, vielschichtige Psychogramm eines Landes veröffentlicht, das von politischen Unruhen und historischen Konflikten geprägt ist. Ein Thema, das seit dem Ausbruch des Krieges heute traurige Aktualität erfährt. Von November 2013 an, dem Beginn der sogenannten Maidan-Revolution, war Florian Bachmeier immer wieder in der Krisenregion im Donbass unterwegs, zwischen ukrainischer und russischer Frontlinie, um Menschen „im Schwebezustand“ und ihre Schicksale zu porträtieren.

 

„Es gibt ja nicht die Ukrainer, sondern unendlich viele Ukrainer – so viele, wie es Menschen im Land gibt“, resümiert er. Sein Bildband zeigt diese unterschiedlichen Facetten. Vor allem aber die Gleichzeitigkeit von Unbeschwertheit und Angst, von Alltag im Ausnahmezustand: Kinder, die in Ruinen spielen – Pfeil und Bogen in der Hand, einen Lutscher im Mund. Ein Mann mit Schusswaffe im Arm und einem Kätzchen auf dem Schoss. Stapelhohe Sandsäcke in einem einst bewohnten Raum.

 

„Je nach Thema bin ich Chronist oder Aktivist. Das zeigt sich schon in der Entscheidung, wo ich die Kamera draufrichte“, sagt Florian Bachmeier: „Die Auswahl meines Bildausschnitts ist eine Stellungnahme. Ganz besonders in einem Land wie der Ukraine, wo einen die Vergangenheit so einholt.“ Müsste man Florian Bachmeiers Bilder in einem einzigen Satz beschreiben, es wäre wohl dieser: „Mir geht es immer um den Menschen, die ‚condition humaine‘“, sagt der Schlierseer. Genau deshalb wird er auch wieder in die Ukraine reisen, zu den Menschen, die er schon so viele Male porträtiert hat.

 

 

 

Florian Bachmeiers Fotoaufnahmen aus der Ukraine sind in Kooperation mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. sowie Verlag & Galerie Buchkunst Berlin noch bis 31. Mai 2022 online zu sehen unter: https://art.kunstmatrix.com/apps/artspaces/?exhibition=9112664

 

Der Bildband „In Limbo – Ukraine 2013–2021“ ist in der BücherOase Schliersee oder per E‑Mail an mail@florianbachmeier.com erhältlich.

 

Einen Überblick über Florian Bachmeiers Portfolio für Medien und Unternehmen erhaltet ihr hier:

https://www.florianbachmeier.com

 

Auch Einzelpersonen können Florian Bachmeier buchen. Als Hochzeitsfotograf in Schliersee porträtiert er Brautpaare und ihre Gäste in einem zeitgemäßen, dokumentarischen Stil:

https://www.sausundbrausfotografie.de

 

Fotos 8–17 mit freundlicher Genehmigung © Florian Bachmeier

 

 

 

[tourim-redakteur]

 

 

 

In der Welt zu Hause, am Schliersee daheim – der Fotograf Florian Bachmeier und seine Passion

Eine mädchenhaft wirkende Frau in einem roten Umhang sitzt im Gras, im Hintergrund droht ein mächtiges und unwirtlich wirkendes Bergmassiv. Ihr Blick: leidvoll und zugleich stolz. Das Foto berührt, weil es eine schlichte Erhabenheit ausstrahlt und zugleich fremd und seltsam traurig wirkt. Das Porträt der jungen kirgisischen Nomadin ist ein Werk des Schlierseer Fotografen Florian Bachmeier und eines seiner Lieblingsfotos. Entstanden ist es in einem abgelegenen Tal in Afghanistan.

 

 

Ich treffe Florian Bachmeier in seinem kleinen Atelier in der Nähe der Gemeinde Schliersee. Das Erste, was mir auffällt, sind die vielen Bücher und Zeitschriften, die auf Regale, Tische und dem Schreibtisch verteilt sind. In vielen von ihnen findet man Fotostrecken meines Gastgebers. Die Mitte des Raumes dominiert ein großer Tisch, auf dem Florian seine Schätze ausgebreitet hat: Fotos, Fotos und noch mal Fotos. Auch das Mädchen aus Afghanistan ist darunter. „Ich arbeite gerade an meinem Portfolio“, antwortet er auf meine stumme Frage.

Ein Atelier voller Fotografien aus aller Welt

Ein Portfolio, das mit Porträts, Landschaftsaufnahmen, Straßenszenen und vielen anderen Motiven aus verschiedenen Kontinenten, Ländern, Städten und Dörfern dieser Erde reich gefüllt ist. Seit seiner fotografischen Ausbildung im spanischen Pamplona und einem Geschichtsstudium in München ist Florian viel herumgekommen. Als freier Fotograf bereiste er nicht nur Afrika, Afghanistan sowie große Teile des Balkans und Osteuropas – seine jüngste Reise führte sogar bis nach Venezuela: „Ich habe zwar schon viel von der Welt gesehen, aber in Südamerika war ich bis dato noch nie“, erzählt er freimütig. „Da kam mir der Auftrag einer meiner Kunden, eine Reportage über die Lebensumstände der Einheimischen während der Regierungskrise zu machen, gerade recht.“

Eine Reise in den Donbass

Sein „Spezialgebiet“ aber ist die Ukraine. Seit sechs Jahren fliegt der Schlierseer regelmäßig in das politisch gebeutelte Land, spricht mit den Menschen vor Ort und fängt mit seiner Kamera das ganze Elend des Krisengebiets, aber auch immer wieder ganz banale Alltagsszenen ein. Besonders im Donbass, jener nach wie vor von der ukrainischen Regierung und unbeirrbaren Separatisten hart umkämpften Region zwischen den ukrainischen und russischen Fronten. Dabei ist er nie „nur“ der Mensch hinter der Kamera, der auf den Auslöser drückt und dann wieder seiner Wege geht. „Empathie gehört zu meinem Beruf“, bekräftigt er.

„Es gab auch schon brenzlige Situationen“

Einer seiner Auftraggeber ist das journalistische Netzwerk N-Ost, das zahlreiche Medien in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit  kritischer, unabhängiger und differenzierter Berichterstattung aus Osteuropa versorgt. In der Regel reagieren die Menschen, die Florian fotografiert, positiv auf Recherchen ausländischer Journalisten. Doch es gab auch schon brenzlige Situationen: „Im Februar 2015 war ich mal in einer Gefahrensituation“, erinnert er sich. Florian und seine Begleiterin, eine Journalistin von einem extrem pro-ukrainischen Medium, waren unterwegs zum Gefecht von Debalzewe, wo  sich trotz des Waffenstillstandsabkommens „Minsk II“ ukrainische Soldaten und aufständische Milizen ein heftiges Scharmützel lieferten. „Kurz vor der Ankunft gerieten wir in einen Hinterhalt prorussischer Separatisten, das war schon ziemlich haarig“, berichtet er.

Schreckgespenst Tuberkulose

Solche Erlebnisse sind aber zum Glück die Ausnahme und hindern den Schlierseer Kosmopoliten nicht daran, noch viele weitere Reisen in den Osten Europas zu unternehmen. Sein neuestes Projekt ist ein Buch über die Ukraine, das er mir der Unterstützung eines Bekannten aus dem Landkreis Miesbach plant. Sein erstes Buch „Der weiße Tod. Tuberkulose in Moldawien“ zeigt und erzählt in eindringlichen Fotos und Texten die geradezu endemische Ausbreitung der todbringenden Erkrankung nach dem Zerfall der Sowjetunion, die Hilflosigkeit der Ärzte und den erschreckenden Leidensweg Betroffener.

Für seine Arbeiten hat Florian Bachmeier in den vergangenen Jahren zahlreiche auch internationale Preise, Auszeichnungen und Nominierungen erhalten. Die meisten davon hängen ordentlich gerahmt an der Wand in seinem Atelier. Besonders freut er sich über die Auszeichnung „Pressefoto des Jahres  2015“  seiner Heimat Bayern.

 

 

Bodenständiger Kosmopolit

Privat lebt Florian ganz bodenständig mit seiner spanischen Frau und seinen beiden Kindern abwechselnd in Schliersee und  Spanien. Trotz seines Globetrotter-Daseins kehrt er immer wieder gerne in seine bayerische Heimat zurück und genießt das Zusammensein mit seiner Familie und seinen Freunden.  Doch egal, ob beim sommerlichen Baden in Fischhausen oder bei einer Tour mit seinen Kindern in die Schlierseer Berge – die Kamera ist seine ständige Begleiterin. Interessante Motive gibt es schließlich überall.

Mehr über Florian Bachmeier, seinen Lebensweg und sein fotografisches Œuvre gibt’s im Netz unter www.florianbachmeier.com.

 

 

[tourim-redakteur]