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Tradition und Bräuche einer Schlierseer Bauernhochzeit

Aufwecka des Bräutigams

Nach altem Brauch wird morgens um 5:00 Uhr der Bräutigam mit  Böllerschüssen von seinen Spezln aufgeweckt. Bei frischen Weißwürsten, Brezen und Weißbier fängt der ganz besondere Tag an.

Abholen der Braut

Der Bräutigam holt seine Braut von ihrem Elternhaus ab, dabei wird er von den Brauteltern gesegnet.

 

 

Hochzeitslader

Der Hochzeitslader hilft bei der Planung einer Hochzeit und übernahm früher die Rolle des Einladers. Dabei ging der Hochzeitslader von Tür zu Tür und überbrachte die Einladung in Versform. Heute wird mit Post oder persönlich eingeladen. Der Ehrvater, wie der Hochzeitslader auch liebevoll genannt wird, führt den Bräutigam zur Kirche. Während der Hochzeitsfeier übernimmt der Hochzeitslader die Organisation und kümmert sich um den Ablauf des Tages. Er kennt die typischen Bräuche, die auf einer Bauernhochzeit nicht fehlen dürfen, und kann sie auch umsetzen. Ganz besonders beim Aufstellen des Hochzeitszuges sorgt er in kürzester Zeit für Ordnung. Er passt auf, dass auch der zeitliche Plan eingehalten wird.

Ständiger Begleiter des Hochzeitsladers ist ein mit Bändern verzierter Stock (Dirigierstock). Die Farben haben auch eine ganz besondere Bedeutung: Rot (Liebe), Blau (Treue), Grün (Hoffnung), Weiß (Jungfräulichkeit).

Der Ehrvater ist auch für die Gstanzl am Abend beim Abdanken zuständig. So ist es wichtig, am Tag die vielen kleinen Geschichten oder Begebenheiten einzufangen und relativ schnell daraus die Gstanzl zu machen.

Ehrmutter

Die Ehrmutter ist die Taufpatentante der Braut. Sie führt die Braut in die Kirche und trägt die Hochzeitskerze. Während der Feierlichkeiten kümmert sich die Ehrmutter auch um die Braut: Passt noch alles, sitzt die Frisur noch …? Am Abend kümmert sie sich um die Kuverts mit Geldgeschenken, sammelt sie in einem großen Korb und übergibt diesen am Ende der Feier um Mitternacht den Brautleuten.

Kranzlpaar

Eine schöne Tradition bei uns in Schliersee ist das Kranzlpaar. Ein unverheirateter Freund des Bräutigams und eine unverheiratete Freundin der Braut, die beide sehr gut tanzen können, übernehmen gemeinsam bestimmte Aufgaben und unterstützen das Brautpaar. Beim Morgendank verteilen und stecken sie den ankommenden Gäste ein selbst gebasteltes Hochzeitssträußchen aus Buchs oder Rosmarin an. Hierbei erhält das Kranzlpaar Geld für die Unkosten, das es meist am Ende der Feier dem Brautpaar als „Kindswäschgeld“ übergibt.

Eine sehr wichtige Tradition ist das Aufziehen des Tanzes. Das heißt, das Kranzlpaar geht so lange auf der Tanzfläche in einem  großen Kreis, bis die Blasmusik wieder spielt. Verpasst sie es, muss das Kranzlpaar den Musikern eine Runde Schnaps spendieren.

 

 

Der Morgendank

Dieser Brauch ist meiner Meinung auch ein sehr schöner.

Meist treffen am Hof oder schon in der Wirtschaft die Gäste langsam ein, werden vom Hochzeitslader begrüßt, bekommen vom Kranzlpaar das Hochzeitssträußchen angesteckt. Es gibt Weißwurscht, Brezen, Bier und Wein, also ein gemeinsames Frühstück.

Jetzt findet auch der „Ausdank“ statt. Er ist meist sehr emotional, dabei fließen auch schon mal die Tränen. Der Hochzeitslader wendet sich mit feierlichen Worten der Braut an deren Eltern. Beispiel: „Teuerste Eltern, jetzt ist der Augenblick gekommen, wo ich das mütterliche und väterliche Haus verlassen muss, in dem ich erzogen wurde. Ich danke euch für all die Mühen und Plagen, die ihr für mich aufgebracht habt. Wenn ich dem einen oder anderen mal Leid zugefügt habe, bitte ich hiermit um Verzeihung.“ Danach wendet sich der Hochzeitslader an die Eltern des Bräutigams und wiederholt den Dankesvers für den Bräutigam.

Danach betet man gemeinsam ein Vaterunser ‒ auch für die bereits verstorbenen Familienangehörigen.

Aufstellung des Hochzeitszuges zur christlichen Einsegnung

Reihenfolge:

Allen voran die Blasmusik,

der Ehrvater geht neben dem Bräutigam, die Ehrmutter geht mit der Braut,

Eltern, Geschwister und Kranzlpaar,

der Trachtenverein, die Feuerwehr, die Rosserer … und

die restlichen Gäste.

Christliche Einsegnung mit Weingang in der Kirche

Der Pfarrer empfängt den Hochzeitszug an der Kirchenpforte. Ab hier darf die Braut links vom Bräutigam stehen. Die Hochzeitsgesellschaft geht voraus in die Kirche und nimmt Platz. Dann marschiert das Brautpaar feierlich zum Altar ‒ voraus die Ministrantenschar und der Pfarrer. Wenn die Hochzeitszeremonie vorbei ist, gibt es in Schliersee nach altem Brauch den Weingang. Jeder Hochzeitsgast marschiert am Brautpaar vorbei zum Pfarrer, nimmt ein Weinglas gefüllt mit Messwein und prostet dem Brautpaar zu.

Beim Auszug aus der Kirche geht jetzt die Braut rechts neben dem Bräutigam, deshalb auch der Spruch: „Die Frau zu meiner Rechten“.

Besuch des Familiengrabes

Um auch an die Ahnen der Familie zu denken, wird anschließend das Familiengrab besucht.

Die Hochzeitskutsche

Jetzt darf die Braut beim Bräutigam auf der Hochzeitskutsche Platz nehmen, gemeinsam mit dem Ehrvater und der Ehrmutter. Mit der zweiten Kutsche dürfen die Eltern des Brautpaares fahren.

Hochzeitsfestzug zum schönem Festsaal ‒ bei uns das Schlierseer Bauerntheater

Reihenfolge:

Allen voran wieder die Blasmusik,

die beiden Kutschen,

die Vereine … und

die restlichen Gäste.

Hungertanz

Angekommen im Festsaal, steht das Brautpaar und lässt sich beglückwünschen.

Bevor es aber das Hochzeitsmahl gibt, wird erst noch der Hungertanz vollführt.

Der Ehrvater tanzt mit der Ehrmutter, und das Brautpaar eröffnet den sogenannten Hungertanz.

Anschließend bittet der Ehrvater den Pfarrer zum Essensgebet.

Hochzeitsmahl ‒ Mahlgeld

Jetzt wird reichlich gegessen und getrunken, denn die Hochzeitsgesellschaft hat großen Appetit.

Hochzeitssuppe (Rindsbouillon mit Pfannkuchen, Bratnockerl, Schnittnudeln),

verschiedene Braten (Rind, Schwein) mit Knödel und Blaukraut.

Der Schlierseer Brauch ist das Mahlgeld, das heißt, jeder Gast gibt das festgelegte Mahlgeld ‒ die Getränke zahlt jeder selbst.

Blasmusik

Die Blasmusik sorgt für den feierlichen Rahmen und spielt bis Mitternacht zum Tanz und Unterhaltung auf.

Hochzeitstorte

Eine schöne Hochzeitstorte darf natürlich nicht fehlen. Gemeinsam schneidet das Brautpaar die Torte an und eröffnet das Kuchenbüfett.

Weingang

Braut stehlen (Braut entführen): Während Kaffee und Kuchen muss der Bräutigam natürlich aufpassen, dass seine Braut nicht „gestohlen“ wird. Geschickt wird er von seinen Spezln abgelenkt, und es gelingt eigentlich immer: Schwups, die Braut ist weg. So lange es dauert, bis der Bräutigam seine Braut wiederfindet, muss er alle Weine bezahlen. Das kann ganz schön viel sein. Dieser Weingang kann sich oft in die Länge ziehen, und es gibt Spiele, Witze … Der Hochzeitslader kümmert sich darum, dass die Zeiten eingehalten werden, denn das Programm dauert noch lange.

 

Ehrtänze

Nach dem Abendessen werden die Ehrtänze abgehalten. Der Trachtenverein etwa tanzt den Sternentanz.

Abdanka (Zeremonie der Geschenkübergabe)

Hier kommt noch ein ganz besonderer Höhepunkt der Feier: das „Schenken“ mit dem „Abdanken“.

Der Hochzeitslader steht mit den Musikern am Brauttisch. Die Ehrmutter hält einen großen Korb mit Tuch, Weinflaschen und die Ehrguadln (süßes Gebäck) werden bereitgestellt.

Jetzt ruft der Hochzeitslader je nach Verwandtschaftsgrad zum Schenken auf. Beispiel: „Und wiederum lässt sich das ehrwürdige Brautpaar aufs Allerschönste bedanken beim … Ihm zu Ehren, Musikanten, lasst eure Instrumente hören.“

Jetzt kommen die Gstanzl des Ehrvaters zum Einsatz. Es ist immer sehr spannend, was er am ganzen Tag so mitbekommen hat.

Ausspielen des Brautpaares um Mitternacht

 

 

[tourim-redakteur]