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Schliersee und Barberino Val d’Elsa – eine Städtepartnerschaft in Zeiten des Coronavirus

In diesen Tagen hätten wieder eine Handvoll Mitglieder des Barberino-Vereins Schliersee ihre Koffer gepackt, um für ein verlängertes Wochenende nach Barberino Val d’Elsa, unsere Partnergemeinde in der Toskana, zu fahren und den Wein für den Weinstand am Schlierseer Seefest zu holen. Vielleicht wäre auch ich wieder dabei gewesen, so wie schon vor zwei Jahren, als ich für das Schliersee Magazin darüber berichten durfte, wo der Wein für das Schlierseer Seefest herkommt. Doch das Coronavirus hat alle Planungen für dieses Jahr komplett über den Haufen geworfen.

 

 

Lorenz Knabel, Vorstand des Barberino-Vereins Schliersee, sagt: „Unsere Planungen für dieses Jahr sind momentan offiziell auf ‚hold‘.“ Die Grenzen sind geschlossen, das Weinholen im Moment unmöglich, und aufgrund des Verbots von Großveranstaltungen bis Ende August ist es auch sehr unwahrscheinlich, dass das Schlierseer Seefest stattfinden wird – und ohne Seefest natürlich auch kein Weinstand. Mit einem Augenzwinkern fügt Lorenz Knabel dann aber noch den einzig positiven Effekt des Ganzen hinzu: „Beim Entfall des Seefests hätten wir länger Zeit, an unserer neuen Weinlaube zu basteln.“ Denn letztes Jahr wurde das Zelt des Vereins durch den Starkregen schwer beschädigt und soll nun durch eine Weinlaube aus Holz ersetzt werden.

Auch der jährliche Schüleraustausch zwischen den Partnergemeinden wird höchstwahrscheinlich nicht stattfinden können, denn selbst dann, wenn es sowohl in Deutschland als auch in Italien demnächst Lockerungen geben wird, werden die Grenzen wohl noch eine ganze Weile geschlossen bleiben.

Wichtiger als alle abgesagten Aktivitäten ist aber, dass es unseren Freunden in Barberino Val d‘Elsa gutgeht, schließlich ist Italien eines der am stärksten vom Coronavirus betroffenen Länder Europas. Da macht man sich verständlicherweise Sorgen um die Freunde dort. Aber zum Glück gehört die Toskana nicht zu den Hotspots in Italien, und so bestätigt Elena Rossi vom Partnerverein „Barberino and friends“: „Per fortuna gli amici del gemellaggio stanno tutti bene e sono con le proprie famiglie a casa.“ – „Zum Glück geht es allen Partnerschafts-Freunden gut und sie sind mit ihren Familien daheim.“

Und „daheim bleiben“ hat in Italien derzeit noch mal eine ganz andere Bedeutung als bei uns. Denn während wir uns hier in Schliersee noch relativ frei bewegen können und zum Beispiel an unseren heiß geliebten Seen spazieren gehen oder Sport treiben dürfen, sind unsere italienischen Freunde an viel strengere Auflagen gebunden. Eva Anichini hat uns ein Video geschickt, in dem sie für uns kurz zusammenfasst, wie die Lage derzeit in Barberino Val d’Elsa aussieht. Die Fallzahlen halten sich in unserer Partnerstadt glücklicherweise in Grenzen, trotzdem müssen sich aber alle an die offiziellen Anordnungen halten. Eva berichtet, dass sie das Haus nur verlassen dürfen, wenn es unbedingt nötig ist oder um zur Arbeit zu gehen. Außerdem müssen sie jedes Mal eine sogenannte „autocertificazione“ bei sich tragen, eine Selbstauskunft zum Ausdrucken, auf der sie schriftlich ausweisen müssen, woher sie kommen, wohin sie gehen und aus welchem Grund. Auch Eva bedauert sehr, dass die Partnerschaftsaktivitäten in diesem Jahr vermutlich nicht stattfinden werden können, hofft aber, dass sich die Lage bald bessern wird und schickt uns allen „un grande abbraccio da parte di tutta la comunità di Barberino-Tavarnelle.” – „eine dicke Umarmung von allen aus der Gemeinde Barberino-Tavarnelle“.

So ärgerlich die Einschränkungen für uns alle in dieser Zeit auch sein mögen und so sehr wir uns ein Wiedersehen gewünscht hätten, sollten wir trotzdem positiv in die Zukunft schauen, denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, oder wie Lorenz Knabel es ausdrückt: „Falls doch eine substanzielle Besserung der Lage eintritt, können wir immer noch kurzfristig reagieren. Wein fürs Seefest ist schnell geholt, und auch ein Schüleraustausch ist mit zwei Wochen Vorlauf sicher möglich.“ Die Daumen sind also gedrückt ‒ und die Vorfreude auf das hoffentlich baldige Wiedersehen ist riesig.

 

In diesem Sinne: Bleibt‘s alle gesund, andrà tutto bene ‒ alles wird gut! A presto!

 

 

Kathrin Zott

Aufgewachsen und noch immer wohnhaft in Neuhaus am Schliersee, zweifache Mama, studierte Germanistin und Musikpädagogin, freiberufliche Lektorin und Korrektorin – mit anderen Worten: heimatverbundene, musikbegeisterte, kreative, tierliebe und vor allem komplett italienverrückte Leseratte.