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Schlierseer Schmiedehandwerk wie anno dazumal

Eine Szene wie im Märchen: eine düstere Schmiedewerkstatt, ein loderndes Feuer, glühendes Eisen, ein Schmiedehammer angetrieben von einem mächtigen Wasserrad im Wildbach. Die „Hammerschmiede Josef Geissler“ ist eine Schlierseer Institution.

Seit dem Jahre 1720 ist die Schmiede in der Aurachstraße im Ortsteil Josefstal angeblich schon in Betrieb, erzählt Josef Geissler, der Schmied mit dem einnehmenden Lächeln. Er scheint so gar nicht in seine Werkstatt zu passen, wo man irgendwie eher einen grummligen Gesellen mit rußverschmiertem Gesicht erwartet hätte.

Josef Geissler empfängt seine Kunden und Besucher voller Freude, schließlich liebt er seinen Beruf und ist stolz auf seine Arbeit. Vor rund 50 Jahren hat er die Werkstatt von seinem Firmpaten übernommen, der keinen Nachfolger fand. Geissler ist nämlich gar kein waschechter Schlierseer. Der gelernte Schlosser stammt ursprünglich aus der Nähe von Bad Aibling.

Für das Schmiedehandwerk zog er um nach Neuhaus, gründete eine Familie und schmiedete an seinem Glück – beruflich und privat. Hauptsächlich Werkzeuge und Gerätschaften für Forst, Landwirtschaft und Baugewerbe sind es, die unter seinen fachkundigen Händen entstehen. Früher waren es meist Großhändler, die ihre Ware beim Neuhauser Schmied bestellten. Aber auch Privatleute finden immer wieder den Weg zu Josef Geissler, um sich eine Axt oder einen Hammer fertigen zu lassen. Die Arbeit geht Josef Geissler trotz seiner 79 Jahre immer noch leicht von der Hand.

Das Schmieden eines „Sapie“ – also einer Art Haken, der beim Holzmachen zum Einsatz kommt – will er mir zeigen. Das Feuer wird dafür mit Schmiedekohle angeschürt. Anschließend werden die mächtigen, über hundert Jahre alten Hämmer angeworfen. „Momentan ist das Wasserrad kaputt, da werden die Geräte mit einem Notstromaggregat betrieben“, berichtet er, während er einen metallenen Rohling mit einer Zange in die Glut legt. Nach ein paar Minuten holt er ihn wieder heraus, nunmehr rotglühend und verdammt heiß. Unter den monotonen Schlägen eines Hammers formt sich allmählich der Kopf des „Sapies“. Rasch muss das gehen, denn das Eisen kühlt schnell ab. Anschließend wird es nochmal heiß gemacht und damit für den endgültigen Gebrauch gehärtet. Geissler montiert dann noch einen passenden Holzgriff und fertig ist das praktische Werkzeug: ein Gebrauchsgegenstand für die Ewigkeit. Dieser Meinung ist auch ein Kunde, der während meines Gesprächs mit Josef Geissler die Werkstatt betritt und mehrere Äxte in sein Auto packt. „I bin Stammkunde hier. Die Qualität kriagst nirgends mehr“, sagt er mit Nachdruck und fachsimpelt mit dem Schmied über dessen Ware.

Josef Geissler weiß natürlich, dass für ihn irgendwann Schluss ist mit der Arbeit. Wie es dann weitergeht? „Ich weiß nicht, den Kindern wird schon was einfallen“, sagt er achselzuckend und ein bisschen wehmütig. Aber so lange es noch geht, schmiedet er weiter, der Neuhauser „Ewigkeitsschmied“.

Hammerschmiede Josef Geissler
Aurachstraße 2
83727 Schliersee

 

 

Katharina Fitz

Wohnhaft in Warngau, geboren in Tegernsee, aber dem Schliersee herzlich zugetan. Zweifache Mama und als freiberufliche Redakteurin, Sprecherin und Schauspielerin viel unterwegs. Steckenpferde: Kunst und Kultur, Natur (vor allem Bäume) und Schuhe!

 

 

 

Der fliegende Edelstein vom Schliersee

Langsam nähere ich mich meinem Beobachtungspunkt auf dem Brückerl über die Schlierach. Tarngrün und in ruhigen Bewegungen blicke ich durch ein handliches Fernglas ‒ und da sitzt er, regungslos, in voller Farbenpracht, zwischen den frisch verschneiten Ästen, ungefähr zwei Meter über dem Wasser ‒ ein Eisvogel.

helmutjennesen-eisvogel-05100_v4Wie in Zeitlupe greife ich zu meiner Kamera, nur ein einziges Foto gelingt, dann schießt er blitzartig ins Wasser, taucht mit einem Fischchen im Schnabel wieder auf und verschwindet im Bruchteil einer Sekunde hinter einem Busch.

Seit einigen Jahren ist der Eisvogel wieder häufiger am Schliersee und in der Schlierach zu beobachten ‒ ein gutes Zeichen dafür, dass Wasserqualität und natürliche Wildnis diesem beeindruckenden Vogel in Schliersee ein Zuhause bieten können, und welch eine Bereicherung für die Artenvielfalt in unserer Heimat, denn zu Recht wird er auch „der fliegende Edelstein“ unter den Vögeln genannt und ziert das Wappen des Landesbundes für Vogelschutz (LBV).

Trotz seiner bescheidenen Körpergröße lassen mich seine Geschwindigkeit, Wendigkeit und Farbenpracht als Mensch ganz schön klein erscheinen.

Im Herbst wird es still, denn die meisten Zugvögel sind dann längst in wärmere Gefilde entflohen.

Neben dem Eisvogel sind in Wassernähe ganzjährig auch noch besondere Vogelarten, wie z. B. Wasseramsel, Zaunkönig, Rotkehlchen, Amsel und vereinzelt Graureiher zu sehen.

Der Schliersee gefriert im Winter in den meisten Jahren vollständig zu, und so bildet die eisfreie Schlierach für diese seltenen Vogelarten besonders dann ein überlebenswichtiges Zuhause. Wir in Schliersee sollten deshalb gut auf unser kleines Bächlein achten.

Nicht alle Eisvögel überwintern bei uns in Bayern, viele kommen erst ab Februar in ihre Brutgebiete zurück. Doch bei uns in Schliersee machte ich die meisten Beobachtungen in den kühleren Herbst- und Wintermonaten, vermutlich, weil dann Jungtiere oder vorwiegend Männchen auf ständiger Suche nach neuen Revieren oder ergiebigen Nahrungsplätzen unterwegs sind.

Ein naturbewusster Spaziergang zum Freibad auf der Westseite des Schliersees oder vom Auslauf des Schliersees entlang der Schlierach bis zum Brückerl an der alten Mühle bietet Naturfreunden  zahlreiche Beobachtungsstellen, an denen man dem Eisvogel – ohne ihn zu stören ‒ begegnen kann (siehe Hinweiskarte). Zumeist fliegt er pfeilschnell knapp über der Wasseroberfläche dem Bach entlang an einem vorbei ‒ und das war es dann auch schon. Nur mit ruhigem Verhalten, Ausdauer, viel Geduld, einem Fernglas und stets immer wieder das Wasser im Blick, ergibt sich manchmal eine zufällige Gelegenheit, ihn sitzen zu sehen, und es näher und länger beobachten zu können,

„für einen Moment das Glück Schliersee“.

Text + Fotos: 07.11.2016 Helmut Jenne Sen.

Vogelbeobachtungen im Landkreis Miesbach auf der Internetseite des LBV Miesbach
http://www.lbv-miesbach.de/vogelbeobachtungen/bemerkenswerte-nachweise.html

 

Helmut Jenne

Auf seinen Streifzügen durch die Natur ist sein Fotoapparat ein ständiger Begleiter. Helmut Jenne, wohnhaft in Schliersee, ist Musiker und EDV-Fachmann, Fotokünstler und Naturliebhaber. Mit seinen Fotos dokumentiert er seine Erlebnisse auf sehr natur- und heimatverbundene Weise, und so entstehen - trotzdem weltoffen - tief empfundene Momente und Blicke auf Landschaften, Pflanzen und Tiere der Berg- und Seenwelt rund um Schliersee.