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Hannah Miska und ihr „stiller Held“

Wenn Hannah Miska Ruhe sucht, dann besucht sie die Schlierseer Weinbergkapelle. An diesem besonderen Ort hoch über dem belebten Ortszentrum genießt sie die Stille, lässt ihre Gedanken schweifen und erfreut sich an dem atemberaubenden See- und Bergpanorama. Erholung hat sich die Autorin auch redlich verdient, denn vorKkurzem ist ihre Romanbiografie über  Alfred Roßner mit dem Titel „Der stille Handel, Alfred Roßner – Lebensretter im Schatten der SS“ erschienen.

 

 

„Es war schwierig, an Informationen zu gelangen“

Drei Jahre lang tauchte die Schriftstellerin für die Recherchen über diesen außergewöhnlichen Mann in die Schreckenswelt des Holocaust ein und verfasste aus zahllosen Fragmenten ein spannendes Buch über das Leben und Sterben dieses bislang unbekannten Helden, der während der Zeit des Nationalsozialismus zahlreichen Juden das Leben gerettet hat. Ähnlich wie sein durch einen Hollywood-Film berühmt gewordener Zeitgenosse Oskar Schindler bewahrte der Treuhänder einer Textilfabrik im von Deutschland besetzten Polen Juden vor der Deportation. „Es war sehr schwierig, an Informationen über Alfred Roßner und sein Leben zu gelangen“, erzählt die Autorin bei einer Tasse Tee in ihrer gemütlichen „Schreibwerkstatt“ in ihrem Haus an der Schlierseer Unterleiten. Mit Akribie und Geduld wälzte sich Miska durch Berge von staubigen Akten, durchstöberte Archive, sprach mit Roßners Verwandten, Freunden und Zeitgenossen und bereiste Originalschauplätze in Polen. Ihre größte Unterstützung erhielt sie dabei von Kitia Altman, einer jener jüdischen Frauen, die Alfred Roßner ihr Leben verdanken.

Durch Zufall zur Schriftstellerei

Den Kontakt zu Kitia Altman fand Hannah Miska mehr oder weniger durch Zufall während eines siebenjährigen Aufenthalts in der australischen Metropole Melbourne. Bei einem Spaziergang durch die Straßen der Stadt „stolperte“ sie über ein kleines Holocaust-Museum, das ehrenamtliche Mitarbeiter suchte. Hannah Miska ergriff die Gelegenheit und legte auf diese Weise quasi den Grundstein für ihre berufliche Neuorientierung: die Schriftstellerei.

Die zahlreichen Gespräche, die sie mit Holocaust-Überlebenden in Australien führte, inspirierten sie zu ihrem ersten Buch „So weit wie möglich weg von hier“. Darin enthalten ist eine Sammlung von Zeitzeugenberichten aus verschiedenen Ländern, wie die Geschichte von Kitia Altman und ihrem Lebensretter Alfred Roßner. Bei Erscheinen des Buchs im Jahr 2014 hatten Hannah Miska und ihr Mann Australien bereits den Rücken gekehrt und sich am Schliersee niedergelassen.

„Wir sollten unserer deutschen Vergangenheit gewahr sein“

„Der Verlag regte dann an, eine Biografie über Alfred Roßner zu schreiben“, erzählt die Autorin. Hannah Miska reagierte zuerst verhalten auf diese Idee, aber am Ende sagte sie zu und hat es bis heute keinen Moment bereut. „Roßner war ein ganz außergewöhnlicher Mensch“, sagt sie über den Menschen, dessen Leben sie drei Jahre studierte, hinterfragte und schließlich in Worte fasste. So manche Träne ist während dieses Prozesses geflossen, gibt sie zu, und auch, dass sie jetzt erst mal ein bisschen Abstand braucht. „Je mehr man in die Geschichte der Judenverfolgung eintaucht, desto deutlicher wird, welche schrecklichen Verbrechen damals geschehen sind.“ An Aktualität hat die Thematik jedoch nichts eingebüßt, wie Miska betont: „Gerade in Zeiten von wieder auflebendem Rassismus und Antisemitismus  sollten wir uns unserer Vergangenheit in Deutschland gewahr sein.“

Dank Hannah Miska ist das Lebenswerk Alfred Roßners nun aus dem Schatten ins Licht gerückt worden, in Form eines spannenden Romans, der durch fundierte Recherche, einen einfühlsamen Erzählstil und spannende Handlung überzeugt.

 

 

„Der stille Handel, Alfred Roßner – Lebensretter im Schatten der SS“ von Hannah Miska ist im Mitteldeutschen Verlag erschienen und kostet 16 Euro (ISBN 978-3-96311-127-3). Erhältlich ist das Buch unter anderem in der Bücheroase in Schliersee.

 

 

Katharina Fitz

Wohnhaft in Warngau, geboren in Tegernsee, aber dem Schliersee herzlich zugetan. Zweifache Mama und als freiberufliche Redakteurin, Sprecherin und Schauspielerin viel unterwegs. Steckenpferde: Kunst und Kultur, Natur (vor allem Bäume) und Schuhe!

 

 

 

Polizeitaucher bergen Übungspuppe am Schliersee

Auf den ersten Blick dachte ich, am Schliersee wäre ein Großeinsatz der Bayerischen Bereitschaftspolizei. „Es ist doch hoffentlich nichts passiert“, frage ich einen Polizeibeamten am Seeufer, und er erklärt mir „aber nein, unsere Polizeitaucher führen eine Eistauchübung durch“.

Frau Sandra Brockelmann ist eigens für Presseanfragen vor Ort zuständig. Sie ist Mitarbeiterin der Pressestelle des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei. Von ihr erhalte ich sogleich die Erlaubnis, für das Schliersee-Onlinemagazin über diese Übung berichten zu dürfen. Zwei freundliche Polizeimänner bestehen darauf, sie verpacken mich sorgfältig in eine Schwimmweste, damit mir auf der Eisfläche nichts passieren kann, dann gehe ich aufs Eis.

Die Tauchergruppe hatten bereits eine dreieckige Öffnung in die Eisdecke gesägt, eine Einstiegsleiter installiert und ein Einsatzboot samt Ausrüstung in Position gebracht. Zunächst begeben sich zwei Polizeitaucher ins Wasser. Ihre erste Aufgabe ist es, eine Übungspuppe am Grund des Sees zu verstecken. Kein leichtes Unterfangen, denn der Rand der Eisöffnung ist nass und glittschig und das Wasser extrem kalt. Von einem der Polizeitaucher erfahre ich später, dass der Schutzanzug gut gegen die Kälte isoliert. Problematisch ist es nur an den dünner isolierten Händen, denn sie kühlen schneller aus, und bei schlechter Sicht ist der Taucher dringenst auf seinen Tastsinn angewiesen.

Das Tauchgerät der Polizeitaucher erfüllt spezielle Anforderungen, zum Beispiel für Einsätze bei Kälte unter Eis bei schlechter Sicht, und es erlaubt das Tauchen bis zu einer Tiefe von 50m. Das hört sich erstmal gut an, aber mich brächte trotzdem niemand hinunter in ein so finsterkaltes Loch. Unter mir an den Füßen beginnt das Eis inzwischen spürbar zu beben, und es rumpelt und grollt verärgert, darum gehe ich lieber – zu meiner eigenen Beruhigung – ein paar Schritte weiter, auch wenn ich weiß, dass die Eisdecke dick und sicher zugefroren ist und sich die topmotivierte  Polizeitauchergruppe direkt vor mir befindet.

Nach einer kurzen Pause folgt der Hauptteil der Übung. Weitere zwei Taucher gehen nacheinander ins Wasser. Ihre Aufgabe besteht nun darin, die versteckte Übungspuppe zu finden und zu bergen. Dabei bleiben sie in ständigem Kontakt mit ihrem Leinenführer, denn ohne ihn wären sie bei trüber Sicht völlig orientierungslos. Vor dem Abtauchen wird das Gerät auf Dichtigkeit geprüft, der Taucher meldet seine aktuelle Tauchtiefe und Sichtweite unter Wasser. Der zweite Taucher führt eine Unterwasserkamera mit und ermöglicht so ein ständiges Live-Bild für das Team über Wasser. Jeder Vorgang wird zeitgenau in Wort und Bild dokumentiert, auch das gehört zu einem erfolgreichen Polizeieinsatz, denn in Ernstfällen geht es um Beiweismittelsicherung, beispielsweise beim Suchen und Bergen von Leichen oder Leichenteilen.

Die Einsatzkräfte wirken bei ihrer Übung sehr ruhig und routiniert. Eine Tauchergruppe besteht zumeist aus Polizeitaucher, Sicherungstaucher, zwei Leinenführern, einem Taucherrettungssanitäter und dem Taucherhelfer, ein Tauchergruppenführer koordiniert die Gruppe. Die professionelle Zusammenarbeit der Tauchergruppe sieht für mich als Laie so unscheinbar selbstverständlich aus, erst später erfahre ich von der monatelangen Aus- und Fortbildung mit regelmäßigen Übungen im Wasser. Bayernweit gibt es zirka 30 Polizeitaucher, stationiert sind sie in München, Nürnberg und Dachau. Allein in 2015 leisteten sie rund 60 Spezialeinsätze in mehr als 7000 Stunden.

Nach gut 15 Minuten war die Übungspuppe dann gefunden und geborgen, und die Taucher können wieder aus dem Wasser. Zum Ende der Übung verschließt die Tauchergruppe die Eisöffnung. Mit einem Haken wird die Eisscholle unter dem Eis hervorgezogen und in ihre ursprüngliche Lage zurückgesetzt und mit deutlich sichtbaren Markierungsbändern abgesichert. Nun nur noch das Einsatzboot samt Gerät abtransportieren, und die Eisfläche ist geräumt.

Mein Hund Riggi hatte während der ganzen Übung seinen Spaß auf der Eisfläche. Erst lief er den Kameramännern vom Bayerischen Rundfunk und von München TV durchs Bild, brachte Leinenführer und Taucherhelfer zum Lachen, weil er sich so lustig auf der Eisfläche wälzte, und das „Stöckchen“ (siehe Foto) war dann doch etwas zu groß für ihn. Zurück am sicheren Ufer und befreit von der Schwimmweste versuche ich, meine Eindrücke von der Übung richtig einzuordnen, dann verabschiede ich mich von dem sympatischen und gutgelaunten Polizeitaucherteam der Bayerischen Bereitschaftspolizei.

Ganz ehrlich – für mich sind die Bayerischen Polizeitaucher allesamt mutige Helden, und nochdazu  am Schliersee bei einem ihrer Übungseinsätze hautnah dabeisein zu können, das war für mich etwas ganz Besonderes. Da war es wieder – „für einen Moment das Glück Schliersee“.

Fotos+Text: 30.1.2017 Helmut Jenne sen.

Bayerische Bereitschaftspolizei:     http://www.polizei.bayern.de/bepo/

 

Helmut Jenne

Auf seinen Streifzügen durch die Natur ist sein Fotoapparat ein ständiger Begleiter. Helmut Jenne, wohnhaft in Schliersee, ist Musiker und EDV-Fachmann, Fotokünstler und Naturliebhaber. Mit seinen Fotos dokumentiert er seine Erlebnisse auf sehr natur- und heimatverbundene Weise, und so entstehen - trotzdem weltoffen - tief empfundene Momente und Blicke auf Landschaften, Pflanzen und Tiere der Berg- und Seenwelt rund um Schliersee.